Kannst du noch schnell dies? Machst du bis morgen bitte das noch fertig! So klingt es heutzutage in vielen Bereichen des Lebens, vor allem aber im beruflichen Umfeld. Es wird oft zu viel erwartet, das fordert nicht nur den Geist, sondern auch den Körper. Bereits vor Jahrhunderten wussten die Tibeter, dass für ein robustes Selbst die geistige und körperliche Ebene gemeinsam betrachtet werden müssen.
Der Begriff «Resilienz» ist heute in aller Munde. Gemeint ist die Anpassungsfähigkeit des Menschen, mit der man auf verschiedene Lebenssituationen reagiert, denn jede Handlung, jeder äussere Einfluss löst einen Nervenimpuls aus. Warum gewisse Menschen mit Druck besser umgehen können als andere, liegt nicht nur an den unterschiedlichen Auslösern, sondern auch an den eigenen Ressourcen wie z.B. Selbstbewusstsein, positive Grundstimmung und körperliche Stabilität. Ebenso spielt es eine Rolle, wie man sein Verhalten gegenüber den Gegebenheiten anpassen kann. Was heute modern erscheint, ist seit jeher die Basis der Tibetischen Konstitutionslehre. Nämlich das Bewusstsein, dass Körper und Geist sowie Verhalten und Ernährung in engster Verbindung stehen. Alles hängt also mit allem zusammen. Genau diese Betrachtungsweise, das Verbinden verschiedener Ebenen, ist heute wichtiger denn je.
Das persönliche innere Gleichgewicht ist das Ziel. Schlägt also die «innere Waage» aufgrund einer Lebenssituation in die eine Richtung aus, dann kann man die Balance wiederherstellen, indem man der anderen Seite mehr Gewicht verleiht. Leistungsdruck führt häufig zum Gefühl «durch den Wind» zu sein, unter Strom zu stehen oder den Boden unter den Füssen zu verlieren. Dem gegenüber stehen Entspannung, Ruhe, verwurzelt sein, Substanz haben und Standhaftigkeit. Die Tibeter nutzen dafür das uralte Wissen um den Geschmack von Nahrungsmitteln und Gewürzkräutern, raten aber auch zu harmonisierendem Verhalten und äusseren Anwendungen.
Gleichgewicht durch die Ernährung erlangen
Süsses gilt bei uns als Nervennahrung. So sieht es auch die Tibetische Konstitutionslehre. Dabei meint sie allerdings nicht Schokolade und Zucker, sondern Nahrungsmittel, die von Natur aus süss sind. Bananen, Nüsse, Haferflocken oder hochwertige Fette verfügen über einen süsslichen Geschmack. Aus Nahrungsmitteln, die der Süsse zugeordnet sind, entstehen die Elemente Wasser und Erde, die zusammen Boden und Substanz bilden. Man kann also über die Ernährung schon für eine gute Bodenhaftung sorgen und den Körper in seiner Standhaftigkeit unterstützen. Ein warmes Frühstück wie z.B. Porridge ist dafür der beste Start in den Tag. Suppen und Eintöpfe mit viel Wurzelgemüse unterstützen den Körper in Phasen hoher Leistungserwartung tagsüber und abends.
Der Geschmack spielt nicht nur bei den Nahrungsmitteln eine Rolle. Auch Kräuter und Gewürze nutzen die Tibeter auf diese Weise und ordnen z.B. Süssholz, Kümmel oder Bockshornklee erdende und verwurzelnde Eigenschaften zu. Über einhüllende und schützende Merkmale wird der wertvolle Weihrauch charakterisiert. Die häufig verwendete und verehrte Myrobalanenfrucht enthält alle Geschmacksrichtungen, verknüpft dadurch die Eigenschaften der verschiedenen Kräuter zu einem Ganzen und harmonisiert die Basis. Gewürze bekommen so eine neue und vielleicht ungeahnte Rolle. Nicht alle Gewürze und Kräuter sind einfach verfügbar oder der Geschmack macht die Verwendung in der Küche schwierig. Daher verwendet die Tibetische Konstitutionslehre auch Fertigmischungen. Solche Kräuterkompositionen sind auch bei uns erhältlich (z.B. PADMA NERVOBEN) und machen uns dieses uralte Wissen zugänglich.
Mehr Bodenhaftung und Stabilität
«Süss», cremig, balsamisch und einhüllend sind auch äusserliche Anwendungen wie z.B. Ölmassagen, Bäder oder Wickel. Fette und Öle wie z.B. Ghee (indischer Butterschmalz), Sesamöl oder Sonnenblumenöl, entweder pur oder mit ätherischen Ölen gemischt. Sie sorgen nicht nur für streichelzarte Haut, sondern schützen und bewahren den Energiefluss und ein stabiles inneres Gleichgewicht. Direkt auf die Fusssohlen aufgetragen sorgen sie für Bodenhaftung und Stabilität. Auch ein entspannendes Bad trägt dazu bei, die Balance der verschiedenen Ebenen zu erhalten. Ausserdem kann man in der Wanne wunderbar loslassen und den Alltag vergessen.
Zeit für sich
Das meditative Loslassgefühl aus der Wanne kann man im Alltag umsetzen. Für die wärmende Ebene ist eine Tasse Tee (z.B. Melisse) genau das Richtige. Für den geistigen Ausgleich sind Atemübungen, Meditation oder Yoga eine Möglichkeit dem Leistungsdruck für ein paar Minuten den Rücken zuzukehren. Richtig gelesen, ein paar Minuten. Es muss nicht immer das volle Programm sein. Schon kleine Pausen, die man für sich und die Entspannung nutzt, sind wertvoll für die Balance. Eine einzelne Yogaübung, während man auf den Druck von Unterlagen wartet oder ein paar tiefe Atemzüge am offenen Fenster. Solche Mini-Auszeiten sind Balsam für den Geist. Man kann sich wieder besser konzentrieren, macht weniger Fehler und gibt so dem Leistungsdruck weniger Raum.
Verbindet man Körper und Geist mit dem natürlichen Potenzial von erdenden Gewürzkräutern, stabilisierender Ernährung sowie einhüllenden Anwendungen und Übungen, bleibt das innere Gleichgewicht erhalten. Beim nächsten «Kannst du noch schnell…?» kann man dann geerdet und mit robustem Geist sagen: «Ja klar, ich kann».